Sie markierten das Ende einer grossen Epoche des nationalen Widerstandes in der Schweiz, die Rütli-Aufmärsche von 2003 bis 2005, die ihren quantitativen Höhepunkt am 1. August 2005 erreichten. Zeigten 2003 noch etwa 300 bis 400 Kameraden und Kameradinnen ihre Präsenz, marschierten 2004 500 bis 600 auf die Rütliwiese. Im Folgejahr 2005 brachen alle Dämme – mit rund 800 Beteiligten fand eine regelrechte Heerschau des Nationalen Spektrums statt. Um einen historischen Vergleich zu ziehen: Seit den Zeiten der Fronten in den 1930er-Jahren war dies der grösste Aufmarsch des völkisch-nationalen Lagers in der Schweiz.
Begonnen hatte diese Erfolgsgeschichte in den 1990er-Jahren, jenem Jahrzehnt, welches auf nationaler Seite durch die im Aufbruch begriffene Skin-Bewegung geprägt wurde. Mitte des Jahrzehnts machten sich einige, im Vergleich zu den späteren Jahren, wenige Aktivisten der «Szene» auf, um am Nationalfeiertag das Rütli in Beschlag zu nehmen. Ein Novum, denn bis dahin traf man sich mitunter in Gruppen, um den Nationalfeiertag in würdigem Rahmen zu begehen. Bemerkenswert dabei war, dass diese Aufmärsche ohne eigentliche zentrale Organisationsstruktur durchgeführt wurden. Man kannte das Datum und machte sich mit den jeweiligen Kantonsfahnen auf, um diesen Tag schlagzeilenträchtig zu gestalten. Von der Hinfahrt nach Brunnen, dem Übersetzen per Schiff und dem Marsch über steiles Gelände hoch auf die Rütliwiese, lief alles stets friedlich und korrekt ab. Die steigende Beteiligung, gepaart mit dem Mythos Rütli, sprach sich herum, so dass auch viele den Termin am 1. August speziell freihielten. Das Bewusstsein, dass auch die Schweiz über einen Ort von mythologischer Bedeutung verfügte, machte diesen Ort quasi über Nacht zur Begegnungsstätte für das gesamte nationale Lager, sodass auch jede Gruppierung, die etwas auf sich hielt, sowie unzählige nicht organisierte Patrioten daran teilnahmen. Selbst die linke Presse, die ebenfalls mit einem Grossaufgebot vor Ort war, hatte Schwierigkeiten, hier irgendwelche Gesetzesverstösse anzuprangern. Auch die in Bereitschaft anwesende Staatsmacht vermeldete jeweils keine wesentlichen Störungen – beste Werbung für den nationalen Widerstand also. Während der erste Aufmarsch dieser Grössenordnung 2003 noch ohne politisches Rahmenprogramm vonstattenging, wurde jener im Jahr darauf 2004 von der Nationalen ausserparlamentarischen Opposition NAPO gestaltet, einer Dachorganisation, der damals alle relevanten Formationen angehörten, und deren führender Repräsentant auch eine entsprechende Rede hielt. Mit dem Absingen der alten Nationalhymne «Rufst du, mein Vaterland» endeten diese Aufmärsche. Entscheidend für das Ende dieser nationalen Grosskundgebungen war die offizielle Ansprache des damaligen Bundesrates Samuel Schmid 2005 auf dem Rütli, die von den meisten als Provokation empfunden wurde. Die Masse skandierte «Verrat, Verrat, Halb Bundesrat», worauf der Magistrat sichtlich betroffen das Feld verliess.
Beinahe schon traditionell trat man nach der Gedenkveranstaltung zum Marsch durch Brunnen an. Das landschaftlich attraktiv gelegene Brunnen mit seinem Seezugang verwandelte sich hierbei zu einem nationalen Heerlager. Keine Gaststätte ohne unübersehbare, deutliche, meist jungnationale Präsenz. Beeindruckend waren jeweils das «Meer» an Kantons- und Schweizerfahnen, von denen die alte, längs gestreifte besonders hervorstach, dazu die skandierten Parolen – eine Machtdemonstration. Selbst unter den Schaulustigen, Passanten, Einheimischen und Touristen gab es nicht wenige, die ihre Sympathie bekundeten.
Die Medien schlachteten diese Grossaufmärsche entsprechend aus. Politiker bemühten sich und verurteilten diese «Neonazi»-Aufmärsche aufs Schärfste. Kaum ein Medium, das das Thema nicht aufgriff, und Schlagzeilen formte wie «Rütli-Feier im Zeichen rechter Chaoten», obwohl von «chaotisch» nun in keiner Phase gesprochen werden konnte. Vor allem die Ereignisse während der Rede von Bundesrat Schmid sowie diese Märsche durch Brunnen veranlassten die Politik auch, nicht zuletzt auf medialen Druck hin zu reagieren. Die Verantwortlichen der Gemeinde Brunnen fürchteten gar um die Reputation ihres bei Touristen beliebten Dorfes. Ab 2006 wurde für die offizielle Veranstaltung auf dem Rütli ein Ticketsystem eingeführt, das dem Nationalen Spektrum weitere Aufmärsche unmöglich machte. Versuche, auf das Rütli selbst übers Wasser oder den nahen Seelisberg zu gelangen, scheiterten. Die Partei National Orientierter Schweizer PNOS hielt Jahre später Rütli-Feiern am Vortag ab, ohne jedoch noch einmal auf eine derartige Resonanz zu stossen. Im Winter 2016 organisierten Nationale gruppenunabhängig eine Veranstaltung mit anschliessender Rede, die zwar nicht mehr vergleichbar mit früher war, aber dennoch erstaunlich beachtlichen Anklang fand, auch über das nationale Lager hinaus. Wie weit es möglich sein wird, an die Aufmärsche von 2003 bis 2005 anzuknüpfen, wird wohl die Zukunft weisen.